Inhaltsverzeichnis – andersneu KOMMUNikations Studie 2021/2022
Heute ist das Smartphone zum ständigen Begleiter geworden und mit wenigen Fingergesten stehen Informationen, Videos, Streams und der Austausch mit anderen Menschen jederzeit und fast überall bereit. Heute stellen immer mehr Menschen Selfies online, posten eigene Inhalte oder veröffentlichen Videos und werden damit zu selbstbestimmten Medienproduzierenden. Dadurch haben sich die Monopole der Medienunternehmen weltweit verschoben.
Diese Kommunikationsrevolution bietet der gesamten Bevölkerung eine Vielzahl an neuen Möglichkeiten, eröffnet aber auch völlig neue Probleme. Dies hat auch für Städte und Kommunen massive Auswirkungen zur Folge.
Die andersneu KOMMUNikations Studie zeigt, dass sich Kommunen und Städte in ihrer Öffentlichkeitsarbeit zunehmend diesen neuen Herausforderungen und Ansprüchen stellen. Eine der größten Herausforderungen besteht darin, junge Menschen zu erreichen, die kontinuierlich in den letzten Jahren von Facebook nach Instagram nach YouTube nach Twitch nach TikTok und in weitere Netzwerke weiterziehen, sobald dort die älteren Generation angekommen sind.
Alte und neue Plattformen befinden sich im steten Wandel und Wechsel, dem sich Städte und Kommunen anpassen müssen. Gleichzeitig fordern Datenschutzverordnungen und -bedenken Städte und Kommunen zu einem komplizierten Spagat auf: Bürger*innen in ihren Lieblingsnetzwerken zu informieren und gleichzeitig vor den datenhungrigen Plattformen zu schützen.
Die Ergebnisse der ersten andersneu KOMMUNikations Studie beleuchten diese Probleme und zeichnen in vielen Bereichen ein recht klares Bild von der Art und Weise, wie deutsche Kommunen sich den Möglichkeiten, Herausforderungen und Problemen stellen, ihre Bürger*innen zu informieren und mit ihnen zu kommunizieren.
Liebling Pressemeldung
Ohne Zweifel sind Pressemeldungen ein wichtiges Werkzeug der Öffentlichkeitsarbeit. In vielen Fällen bilden sie die inhaltliche Grundlage für die Weiterverwertung in sozialen Netzwerken und auf Webseiten oder Newslettern.
Kommunale Öffentlichkeitsarbeit setzt nach wie vor sehr stark auf die Verbreitung über Tageszeitungen. Daraus resultiert das Problem, dass große Teile der Bevölkerung nicht ausreichend erreicht werden. Schließlich verlieren gedruckte Zeitungen im Medienmix der Bürgerinnen und Bürger – ähnlich dem Fernsehen – immer mehr an Bedeutung. Vor allem jüngere Menschen werden nicht mehr erreicht, wenn kommunale Informationen nur über Printmedien verteilt werden.
Diese Problematik liest man sehr gut an den Ergebnissen der Reuters-Studie aus dem April 2020 ab: Die Reuters-Studie zeigt, dass nur noch 26 % der Menschen in Deutschland ihre Nachrichten und Informationen aus gedruckten Zeitungen und Magazinen beziehen. Auch wenn in Deutschland die Hauptinformationsquelle immer noch das Fernsehen mit 72 % ist, so beziehen heute bereits 69 % der Bevölkerung ihre News online und über Social-Media-Angeboten. Darum empfiehlt es sich, dass Kommunen an dieser Stelle weiter nachsteuern, um den Kontakt zu jungen Menschen in der Bundesrepublik nicht zu verlieren.
Presse, Internet & Facebook – eindeutige Favoriten
Die Zahlen der Reuters-Studie spiegeln sich auch in den Ergebnissen der KOMMUNikations-Studie wieder. Deutsche Kommunalverwaltungen setzen bei ihrer Öffentlichkeitsarbeit vor allem auf die drei Standpfeiler Presse, die eigene Webseite und Facebook. Instagram erhält mehr und mehr Zuspruch und wird von Kommunen häufiger genutzt.
Beliebte Kanäle wie YouTube, Pinterest, TikTok oder andere werden hingegen deutlich weniger mit Inhalten versorgt. Dies erstaunt umso mehr, weil eine weitere Studie von Faktenkontor zeigt, dass auch Menschen oberhalb der 60 Jahre soziale Medien wieder vermehrt nutzen.
Fehlende Social Media Angebote für junge Menschen
Bei der Analyse der Social-Media-Aktivitäten verschiedener deutscher Kommunen zeigt sich zudem, dass die dort bereitgestellten Inhalte oft nur eine 1:1 Kopie von Pressemeldungen sind. Dies widerspricht jedoch dem Nutzungsverhalten der Menschen auf diesen Plattformen. Wer schon einmal eine lange Pressemeldung auf einem Smartphone gelesen hat weiß, wie wenig komfortabel dies ist. Und alles, was nicht komfortabel ist, was sich nicht schnell konsumieren lässt, wird deutlich schneller weggeklickt.
Auch besondere, für soziale Netze erstellte, Inhalte, kurze Videos oder z.B. erklärende Inhalte, die auch jungen Menschen wichtige Informationen über Regeln und Abläufe vermitteln, werden nur selten produziert.
Allerdings zeigt sich in den Antworten der KOMMUNikations-Studie auch, dass Mitarbeitende in deutschen Kommunalverwaltungen gerne aktiver auf aktuellen und neuen Social-Media-Plattformen wären, es jedoch aufgrund von Bedenken oder Anweisungen aus der politischen Ebene oft nicht tun können.
Die Angst vor dem Shitstorm
Doch nicht nur Politiker*innen beeinflussen die Themen- und Plattformwahl deutscher Kommunalverwaltungen, auch die Angst vor einem Shitstorn hat große Auswirkungen.
Viele Kommunen verzichten z.B. bewusst darauf, bestimmte Themen auf manchen Plattformen zu kommunizieren, weil sie Angst haben, dass diese zu einem Shitstorm führen könnten, der dann außer Kontrolle geraten kann. Diese Angst führt bei manchen Kommunen dazu, auf sozialen Plattformen überhaupt nicht aktiv zu werden.
Einige Antworten zeigen zudem, dass die personellen Kapazitäten zur Kontrolle und ggf. Reaktion auf gepostete Inhalte in sozialen Netzen nicht ausreichen.
Wenn Bürger*innen zu Kund*innen werden
In den vergangenen zehn Jahren hat sich das Alltagsleben der Menschen in Deutschland in Bezug auf die Kommunikation massiv verändert. Die Digitalisierung durchdringt heute sämtliche Lebensbereiche. Durch Messenger-Dienste – z.B. WhatsApp-Gruppen, soziale Netzwerke und eine noch höhere Nachrichtendichte “ertrinken” die Menschen fast schon in der täglichen Informationsflut.
Außerdem veränderten die zunehmende Digitalisierung und Vernetzung sowie neue Online-Anbieter unser Kaufverhalten, was wiederum die Erwartungshaltungen maßgeblich verändert hat. Dies zeigt sich zum Beispiel daran, dass E-Mails immer schneller beantwortet werden sollen, genauso wie im Wunsch, über laufende Vorgänge transparent und permanent informiert zu werden. Wer schon einmal die Sendungsverfolgung eines Paketdienstleisters bestaunt hat, weiß, wovon die Rede ist.
Diese Entwicklungen und neue Verhaltens- und Erwartungsmuster wirken sich auch auf die Öffentlichkeitsarbeit kommunaler Verwaltung und die Kommunikation zwischen Politik und Bürger*innen aus. Letztlich steckt dahinter die grundlegende Frage von Hol- und Bringschuld. In einer Demokratie haben Politik & Verwaltung eine Informationspflicht, aber die Bürgerinnen und Bürger auch eine Holschuld. Wer in einer Demokratie lebt, muss sich dafür einsetzen und sich die nötigen Informationen beschaffen.
Aus diesem Paradigmenwechsel entsteht ein grundlegendes Problem: Während auf der einen Seite Politik und Verwaltung häufig die Bürger*innen in der Holschuld sehen, ist diese Holschuld den Bürgerinnen und Bürgern oft gar nicht mehr bewusst. Letztlich müssen beide Seiten aufeinander zugehen, um am Ende einen konstruktiven Dialog zu führen und dafür zu sorgen, dass die gewünschten und erforderlichen Informationen auch angekommen.
Genau das kann in letzter Konsequenz auch niemanden verwundern. Denn mit dem Siegeszug des Online-Shoppings haben Menschen vor allem eines gelernt: Kundinnen und Kunden sind wichtig und werden in Form von Newslettern, personalisierten Anzeigen oder Social-Media-Angeboten aktiv umworben. Heute stehen Kunden eher vor dem Problem sich vor dem so genannten “Information Overkill” zu schützen. Dies erschwert die kommunale Öffentlichkeitsarbeit noch einmal zusätzlich.
Deswegen muss sich die Öffentlichkeitsarbeit von Kommunen heute an den Maßstäben der digitalen Marktführenden messen lassen. Um die eigenen kommunalen Botschaften an die Bürger*innen zu bringen, bedarf es nicht nur neuer medialer Kanäle, sondern auch eines Umdenkens in den Fachabteilungen.
Kommunale Verwaltungen, die Ihre Bürger*innen mehr als Kund*innen begreifen, wird es darum in Zukunft besser gelingen, diese gezielt zu informieren und durch die Masse der Informationen hindurch zu wirken und aufzufallen.
Meinungsumfragen und Bürger*innen-Dialog
Dieses veränderte Selbstverständnis der Bürger*innen stellt eine große Herausforderungen für die Menschen in deutschen Kommunalverwaltungen dar. Gerade im Bereich des Dialogs und der Umfrageaktivitäten gilt es zukünftig noch aktiver zu werden und Bürgerinnen und Bürger nach ihren Einschätzungen und Erfahrungen zu fragen und sie in Prozesse noch weiter einzubinden.
Die Ergebnisse der KOMMUNIkations Studie zeigen, dass den Mitarbeitenden in den meisten deutschen Verwaltungen sehr klar ist, wie wichtig der Austausch ist. So nehmen fast 90 % Anregungen aus sozialen Netzen auf und reagieren auf Kommentare.
Allerdings zeigt sich auch, dass dies in der Mehrzahl noch in passiv-reaktiver Form erfolgt. Aktive Meinungsumfragen kommen nur in wenigen Kommunen regelmäßig zum Einsatz.
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