Reinheim ist eine Stadt in der Nähe von Hessen. Bürgermeister Manuel Feick setzt zur Kommunikation mit den über 16.000 Bürgerinnen und Bürgern gerne Live-Streaming ein. Im andersneu-Interview gibt er einen Einblick in seine Beweggründe und verrät, warum Authentizität so wichtig ist.
Wie wurde die Idee für Live-Streams in Reinheim geboren und warum nutzen Sie das Medium?
In meiner früheren beruflichen Tätigkeit als Bürgerbeauftragter einer großen Verwaltung in Reinheim habe ich festgestellt, wie wichtig die persönliche Ansprache ist, daher habe ich dies schon in mein Wahlprogramm aufgenommen.
Als Corona kam und die Menschen verunsichert waren, war mir wichtig so viel wie möglich persönlich rüberzubringen. Durch meine Gestik und Mimik, aber auch durch meine Stimme spürten die Menschen auch Emotionen. Man merkte, wann ich besorgt war und gleichzeitig konnte ich auch beruhigend auf die Menschen einwirken. Außerdem war ich mir sicher, man schaut sich eher ein Video an, als ewige Texte zu lesen. Es geht aber vorrangig um das Persönliche dabei.
Gab es Bedenken oder Widerstände gegen das Live-Streaming? Falls ja, wie konnten diese überwunden werden?
Da es meine Entscheidung war dies zu tun, gab es keine Widerstände. Sorgen machte ich mir nur, wie nervös ich bin. Ich wusste, ich löse damit auch Reaktionen aus, aber die waren überwiegend so positiv, dass ich über Unschönes hinwegsehen konnte. Zum Glück kam dies auch sehr selten vor.
Bevor der erste Live-Streaming starten kann, benötigt man zuerst einmal Technik. Welche Werkzeuge – sowohl Hardware als Software – nutzen Sie für Ihre Live-Streams?
Wir nutzen eine Webcam, eine Software und Tools, um die Sprache als Text anzuzeigen, mehr nicht.
Wie schätzen Sie im Nachhinein die Einarbeitungszeit und den technischen Aufwand ein, den Sie für Ihre Live-Übertragungen – Live-Streaming – machen müssen? Gab es technische Hürden oder gestaltete sich der erste Live-Stream leichter als gedacht?
Dadurch, dass wir fertige Tools nutzen, wie Facebook zum Beispiel, war dies nicht sonderlich aufwendig.
Wie bereiten Sie einen Live-Stream vor? Welche Themen wählen Sie für Live-Streams aus? Gibt es z.B. Themen, die sich besonders gut eignen oder Themen, die Sie vermeiden bzw. unterbinden?
Ich nehme mir aktuelle Themen vor, von denen ich denke, sie sind interessant für die Menschen und natürlich städtische Themen. Diese bereite ich stichpunktartig auf und trage sie dann frei vor.
Schreiben Sie Skripte zu Themen oder Regieanweisungen für die Produktion?
Nein, es soll offen, direkt und gleichzeitig authentisch sein. Künstlich macht nur kompliziert.
Sicherlich ist ein Live-Stream aufregend: Üben Sie vorher?
Nein, authentisch eben. Im Laufe der Zeit habe ich Erfahrungen gesammelt, was man besser machen kann. Das baue ich dann ein und heute schaue ich mir nur nochmal die Inhalte an und stelle mich dann den Fragen der Menschen – ich habe Spaß daran und wenn ich eine tiefgehende Frage nicht gleich beantworten kann, dann sage ich das auch und wir liefern das dann nach. Man kann nicht alles im Detail wissen.
Wie viele Personen wirken bei einem Live-Stream vor, während und nach der Übertragung mit? Produzieren Sie Ihre Echtzeitübertragungen komplett in Eigenregie oder erhalten Sie externe Unterstützung?
Eine Person aus der IT, falls es technische Probleme geben sollte und eine Person aus der Pressestelle, die den Chat protokolliert und ggf. Anfragen, die ich nicht gleich beantworten kann, dann nachträglich als Kommentar auf die Frage eingibt.
Wie viele Menschen schauen im Schnitt Ihre Live-Streams?
In der Regel bis zu 150. Über Videobotschaften erreiche ich teilweise mehr als 10.000 Menschen
Zeichnen Sie Ihre Live-Streams auf? Können diese auch nachträglich aufgerufen werden? Und erstellen Sie aus dem Material noch weitere kürzere Beiträge – z.B. für soziale Kanäle?
Ja, diese werden als YouTube-Video auf der Internetseite der Stadt Reinheim eingestellt, mit Text unterlegt und können dann immer und jederzeit abgerufen werden. Auf Facebook werden die Beiträge ohnehin archiviert.
Wie wird das Angebot von den Bürgerinnen und Bürgern angenommen?
Sehr gut. Es gibt viel Lob und Anerkennung und der Stream vergeht immer wie im Flug, weil es viele Fragen gibt, aber auch Anregungen für unsere Arbeit.
Selbst bei einem optimal geplanten Medienereignis passieren Fehler, Technik setzt aus, Mithelfende stolpern über Kabel… Gab es schon einmal Pannen?
Ja, einmal wurde der Stream auf meine privaten Seite angezeigt und nicht auf meiner Bürgermeister-Seite. Das haben wir dann einfach gesagt und sind gewechselt. Fehler passieren. Übel hat mir das niemand genommen. Es war eben authentisch.
Stichwort Pleiten, Pech und Pannen: Was waren die schönsten und/oder lustigsten “Fehler” und Pannen bei einem Live-Streaming?
Bisher ist derartiges noch nicht passiert. Aber falls es passiert, dann lachen wir eben mal alle gemeinsam ‘drüber. Manchmal gibt es auch lustige Fragen, dann wird auch mal gelacht. Das wahre Leben eben, nicht verstellen!
Planen Sie neue Angebote für die Zukunft und wollen Sie Ihre Streaming-Angebote weiter ausbauen?
Die Angebote sind derzeit ausreichend und gut. Diese werden wir beibehalten. Doch inzwischen gibt es auch Mitarbeiternde, die mit mir mal ein Gespräch führen und wir es als Video veröffentlichen. Die Zahl der Mitarbeitenden, die das machen wollen steigt – wunderbar, wir werden modern und noch bürgernäher.
Danke für das Interview!
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