40 % der Deutschen kämpfen mit Texten über dem Niveau B 1 des europäischen Referenzrahmens für Sprache. Trotzdem liegt über 60 % der Kommunikation von Unternehmen und Behörden auf dem Niveau C 1. Mit Einfacher Sprache und Leichter Sprache werden Texte leichter verständlich. Mit diesen Sprachformen sichern Sie, dass Sachverhalte auch wirklich ihren Empfänger erreichen.
Im Interview verrät unsere Dozentin Inga Schiffler, worauf es bei Einfacher und Leichter Sprache ankommt, warum es in Kommunen einen großen (Nachhol-) Bedarf gibt und warum Sie diesen Text bitte lesen sollen.
Was genau ist Einfache Sprache und worin unterscheidet sie sich von der Leichten Sprache?
Einfache Sprache ist vereinfachtes Deutsch. Sie zeichnet sich zum Beispiel durch kurze Sätze, Aktiv- statt Passivformulierungen und wenig Fremdwörtern aus. Statt schwer verständlichem Nominalstil werden Verben zu Sinnträgern. Also zum Beispiel statt »zur Anwendung bringen« lieber gleich »machen« benutzen (lacht).
Leichte Sprache ist noch leichter als Einfache Sprache. Wobei gesagt werden muss: Sprache ist nicht Mathematik. Die Übergänge sind fließend. Das hängt auch damit zusammen, dass sich die Komplexität eines Textes aus ganz unterschiedlichen Dingen zusammensetzt. Zum Beispiel: Ein Text über Quantenphysik kann auf der sprachlichen Oberfläche extrem einfach sein, der lebensferne Inhalt macht den Text trotzdem schwerer als eine Anleitung zum Kaffeekochen.
Ein entscheidender Unterschied zwischen Leichter und Einfacher Sprache ist die Zielgruppe: Leichte Sprache richtet sich hauptsächlich an Menschen mit Lernschwierigkeiten. Dies erklärt sich damit, dass sie ihren Ursprung in der Selbstbestimmungsbewegung von eben diesen Menschen hat. Bei Einfacher Sprache ist die Adressatenschaft weiter definiert. Möglich sind zum Beispiel Deutschlernende oder ältere Menschen.
Was sollten Kommunen und Städte aktuell unternehmen?
Sie sollten immer im Blick haben, an wen sie sich richten. Fakt ist: 40 Prozent der Deutschen haben Schwierigkeiten mit Texten über der Stufe B1 (siehe R. Beekveldt, Spaß am Lesen Verlag und »Level One Studie«, Uni Hamburg 2011). Trotzdem liegt etwa 70 Prozent der Kommunikation von Behörden auf der Kompetenzstufe C1. Hilfreich sind kurze Schreiben – weniger ist mehr! – mit klaren Handlungsaufforderungen.
Kurze Absätze, viele Zwischenüberschriften und übersichtliche Listen – all dies erleichtert den Lesenden das Verständnis. Kommunen sollten zudem unbedingt auch mündlich kommunizieren. Denn Schriftsprache ist immer deutlich schwieriger als unsere mündliche Alltagssprache.
Gibt es eine gesetzliche Verpflichtung dazu?
Für Menschen mit Behinderung greift das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG). Konkret ist das Recht auf Leichte Sprache in § 11 verankert. Für den digitalen Kontext schreibt zudem die Barrierefreie Informationstechnikverordnung (BITV 2.0) vor, dass gewisse Inhalte in Leichter Sprache zur Verfügung gestellt werden müssen.
Wie geht man die Umsetzung an?
Wichtig ist zunächst eine klare Struktur. Hilfreich sind hier die klassischen W-Fragen: Wer? Was? Warum? Wir sollten immer im Blick haben, an wen wir uns richten. Was sind die Bedürfnisse des:der Leser:in? Was kann ich voraussetzen?
Gut sind direkte Ansprachen und klare Handlungsaufforderungen, wie z.B. »Bitte beantworten Sie den Fragebogen« oder »Bitte lesen«. Schachtelsätze bitte streichen, Nebensätze insgesamt mit Bedacht verwenden. Lieber jeden Gedanken schön der Reihe nach erklären, einer nach dem anderen.
Was sind die größten Fallstricke beim Texten der Inhalte?
Die Angst, plump zu wirken. Bei Informationsschreiben geht es aber ja nicht darum, durch einen besonders schönen Stil zu glänzen — sondern darum, zu informieren.
Eine Schwierigkeit ist auch, dass oft rechtlich exakt formuliert werden muss. Gerade die Rechtssprache zeichnet sich durch einen komplexen Nominalstil aus — und durch lange und schwierige Begriffe. Häufig ist der Sinn zudem ein anderer als in unserer Alltagsprache. Hier ist wichtig, notwendige Begriffe als solche zu benennen und zu erklären. Gerade im kommunalen Kontext sind Abkürzungen eine beliebte Lösung für Bandwurmwörter aller Art. Doch hier sollten wir vorsichtig sein, denn ihr Sinn erschließt sich Außenstehenden oft nicht.
Generell bekomme ich bei meinen Schulungen die Rückmeldung: Einfache Sprache klingt einfach – wenn man dann aber selbst dabei ist, stellt man fest: Ganz schön schwierig. Wichtig ist deshalb, sich viel praktisch zu üben.
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