Als Pressesprecher des Deutschen Städte- und Gemeindebundes ist Alexander Handschuh mit seinem Team schon seit Beginn der Corona-Krise gefordert, die vielfältigen kommunikativen Aufgaben zu stemmen. Im andersneu-Interview erläutert er Vor- und Nachteile digitaler Lernformate und weist daraufhin, warum WebSeminare für Teilnehmende preiswerter und flexibler sind.
Welche Vorteile sehen Sie in digitalen Bildungsangeboten?
Digitale Bildungsangebote können mehr als nur eine Ergänzung zu den etablierten Präsenzformaten sein. Gerade in Zeiten der Pandemie mit Reisebeschränkungen stellen sie eine gute Möglichkeit dar, Wissen zu vermitteln. Hinzu kommt, dass bei digitalen Bildungsangeboten immer auch zusätzliche Kompetenz im Umgang mit digitalen Techniken vermittelt wird. Dies ist wichtig, denn sicherer und souveräner Umgang mit digitalen Werkzeugen ist heute elementar für fast alle Berufsfelder.
Wo liegen für Sie die Nachteile?
Nicht alles, was bislang in Präsenzangeboten vermittelt wurde lässt sich auch digital abbilden. Es fehlen vor allem die informellen Gespräche und Kontakte, etwa in den Pausen, teilweise auch die nonverbale Kommunikation.
Zudem ist die Aufmerksamkeitsspanne vor einem Bildschirm meiner Erfahrung nach kürzer als in einer Präsenzsituation. Das sollte bei digitalen Bildungsangeboten berücksichtigt werden.
Wo haben digitale Angebote, nicht nur im Bildungsbereich, ihre eindeutigen Vorteile?
Vorteile liegen sicherlich in der Flexibilität. Diese Angebote können im Büro oder aus dem Homeoffice wahrgenommen werden. Vielfach können digitale Angebote auch auf der Couch oder im Cafe genutzt werden, je nach Situation und Angebot. Zudem ist bei Weiterbildungsangeboten keine An- und Abreise notwendig, das reduziert natürlich auch die Kosten für eine Fortbildung – sowohl bei den Teilnehmenden als auch beim Lehrpersonal.
Wie weit ist die Entwicklung der Digitalisierung in Ämtern?
Die Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen haben die Digitalisierung in den Verwaltungen beschleunigt. In einer Umfrage des Deutschen Städte- und Gemeindebundes und des Digitalverbandes Bitkom haben neun von zehn befragten Kommunen angegeben, dass sie die Pandemie als Digitalisierungstreiber sehen.
Ganz entscheidend ist, dass auf einen Schlag der unmittelbare Nutzen digitaler Technik deutlich geworden ist. Nur mit diesen Werkzeugen konnte der Betrieb in den Verwaltungen aufrechterhalten werden.
Welche Kommunikationskanäle nutzen Ihre Mitglieder hauptsächlich?
Derzeit läuft in den Verwaltungen der Städte und Gemeinden immer noch sehr viel über Telefon und Mail. Die Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern ist allerdings vielfältiger geworden. Viele Kommunen nutzen die sozialen Medien als Kommunikationskanäle.
Gerade in der Pandemie haben Städte und Gemeinden ihr Portfolio deutlich erweitert. Tägliche Videobotschaften der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister oder regelmäßige Online-Fragestunden sind weit verbreitet.
Woran hapert es aus technischer Sicht noch in den Gemeinden?
Leider fehlt auch heute noch an vielen Orten Breitband oder leistungsstarke Mobilfunkanbindung. Das kann die Arbeit, gerade das mobile Arbeiten, durchaus beeinflussen. Hinzu kommt die teilweise noch fehlende technische Ausstattung, etwa mit mobilen Endgeräten.
Für viele Mitarbeitende in den Kommunen ist die Pandemie eine sehr große Belastung. Wissen Sie von Beispielen, wo Digitalisierung während der Pandemie vorangetrieben wurde? Wo es dadurch vielleicht zu Entlastungen und besseren Lösungen kam?
Sehr viele Städte und Gemeinden haben ihre Beschäftigten während des ersten Lockdowns im März sehr zügig ins Homeoffice geschickt und dann sukzessive damit begonnen, zusätzliche Hardware zu beschaffen. Außerdem wurden in den Kommunen teilweise Telefon-Bots eingesetzt, um ganz grundlegende Fragen beantworten und den immensen Ansturm an Anfragen bewältigen zu können.
Wichtig sind auch rechtliche Anpassungen gewesen, dass etwa mit dem Planungssicherstellungsgesetz ermöglicht wurde, Bauplanungen online „auszulegen“ und damit in Zeiten geschlossener Rathäuser die Information der Bürgerinnen und Bürger sicherzustellen.
Welche Herausforderungen stellen sich gerade für Kommunen in der Pandemie in Bezug auf Bildung und Digitalisierung?
Hier ist die drängendste Herausforderung die technische Ausstattung der Schulen und Volkshochschulen, angefangen bei W-LAN und Netzanbindung über die Beschaffung von Endgeräten bis hin zur Frage von Datenschutz und Datensicherheit.
Welche rechtlichen Bedenken gibt es bei der Nutzung von digitalen Medien?
Datenschutzbedenken sind weit verbreitet und müssen in jedem Fall genau geprüft werden. Allerdings würde ich mir hier ein wenig mehr Flexibilität wünschen. Immer dann, wenn keine sensiblen, personenbezogenen Daten anfallen, sollte es möglich sein, beispielsweise weit verbreitete Videokonferenzsysteme auch nutzen zu können.
Stichwort »Blockade in den Köpfen«: Welche »Soft Skills« sind für das Fortschreiten der Digitalisierung noch erforderlich?
Es muss gelingen, die mit der Digitalisierung einhergehenden Veränderungen gut zu kommunizieren und zu erklären. Nur wenn der Nutzen und die Vorteile der Technik erkennbar werden, entsteht auch Aufgeschlossenheit und Freude. Positives Denken und Motivation lassen sich nicht „verordnen“, sondern entstehen aus einer Kultur der Wertschätzung und der Neugier auf Neues.
Denken Sie, dass es mit Abklingen der Pandemie ein Zurück zu reinen Präsenzangeboten geben wird?
Sicherlich werden wir in vielen Bereichen wieder Veranstaltungen, Seminare und andere Präsenzformate erleben. Menschen sind soziale Wesen und brauchen den Austausch. Auch ich persönlich vermisse es, andere Menschen bei Veranstaltungen zu treffen und mit ihnen zu kommunizieren. Allerdings werden wir in Zukunft sicherlich abwägen, ob für einen zweistündigen Termin wirklich eine Reise erforderlich ist oder ob es auch ein Online-Format tut. Das schont dann das Klima, das Reisekostenbudget und das persönliche Zeitbudget.
Vielen Dank für das Interview!
Weitere Informationen gibt es auf der Webseite des unter www.dstgb.de.
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